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Chapter 2 – The Quest for Gold, wie es in seiner finalen Version auf Enuma-Elish.de vorliegt, muß den Vergleich zu professionellen kommerziellen Aufnahmen nicht scheuen. Dies hat insbesondere folgende Gründe:
Die Musiker hatten eine sehr hohe Flexibilität in Bezug auf die Aufnahme ihrer Instrumente. Sie konnten einzelne Passagen unabhängig voneinander einspielen und im Nachhinein modifizieren, indem Sie Noten im MIDI Format geraderückten oder ins richtige Tempo setzten. Das Instrumentenspiel ist daher auch bei der hohen Geschwindigkeit des Beispielsongs fehlerfrei. Instrumente, die ohne MIDI Technologie aufgezeichnet wurden, konnten ebenfalls in kleine Passagen heruntergebrochen werden und theoretisch in gewissen Grenzen im Nachhinein modifiziert werden (Timestretching und Pitchshifting), auch wenn dies im Beispielsong nicht nötig war. Darüberhinaus konnten die Musiker ihr eigenes Aufnahmeequipment und ihre eigenen Räumlichkeiten nutzen und unterlagen so keinem unmittelbaren Zeitdruck. Die Überstellung des Materials geschah per Internet oder, bei entsprechender räumlicher Nähe, auf Medien wie CDs oder USB Sticks. Im Rahmen der Instrumentierung handelt es sich also – vor allem dank der digitalen Audiotechnik und ihrer Flexibilität – um ein Werk, das die ursprünglichen Vorstellungen des Komponisten erfüllt oder sogar übertrifft.
Für den Gesang, mit dem die Qualität eines Songs im Ohr des Hörers meist steht und fällt, konnten zwei hervorragende Musiker gewonnen werden, die weitgehend autonom auf Grundlage der bereitgestellten Demoversion arbeiten konnten. Auch in diesem Aspekt wurden die Vorstellungen des Komponisten weit übertroffen.
Die klangliche Modifikation der Einzelspuren sowie der Gesamtmix ist in digitalen Hostprogrammen wie Cubase, Samplitude oder Logic mit den entsprechenden Plug-Ins und dem nötigen Know-How zu bewerkstelligen. Aufgrund der immensen Anzahl von Optionen (und Fehlern) ist es aber unmöglich, ähnlich im Rahmen der Instrumentierung oder des Gesangs, von „Perfektion“ zu reden. Stattdessen ist ein solcher Mix, der immer extrem zeitaufwendig ist (nicht nur aus dem Grunde, weil die Ohren nach einiger Zeit nicht mehr objektiv hören, sondern auch, weil Zwischenversionen immer wieder auf anderen Wiedergabegeräten wie Autoradios, großen Anlagen oder Laptoplautsprechern gegengehört werden müssen) stets nur ein Kompromiss zwischen dem, was der Komponist eines Rocksongs sich wünscht und dem, was möglich ist. So gibt es auch kein methodisches Vorgehen, sondern viel eher eine Art Herantastung an einen Mixsound, der dem (vermeintlichen) Optimum am nächsten kommt.
Das Mastering potenziert die beschriebene Problematik noch, weswegen nach einigen unzufriedenstellenden Versuchen professionelle Hilfe für diesen finalen Schliff in Anspruch genommen wurde.
Ein Direktvergleich mit aktueller Musik aus derselben Stilrichtung offenbart nach wie vor den Unterschied zwischen einer industriell gefertigten Aufnahme von hauptberuflichen Musikern, Ton- und Masteringingenieuren und dem semiprofessionellen, aber ambitionierten Laien. Dieser Unterschied ist allerdings aufgrund der Mächtigkeit der digitalen Audioproduktion, mit digitalen Hostprogrammen, VST Instrumenten, MIDI-Technologie und Plug-Ins extrem geschrumpft. Vor 20 Jahren wäre dieselbe Aufnahme in dieser Form nur mit einem extremen Aufwand möglich gewesen: die Musiker hätten möglicherweise Jahre der Übung aufwenden müssen, um so zu spielen, wie auf der Aufnahme zu hören, der Sänger hätte von Kanada eingeflogen werden müssen und der Preis für das Equipment wäre statt im vierstelligen Bereich im sechstelligen gewesen. Chöre hätten ebenso engagiert werden müssen, wie Streicher und die Tonbandaufnahme wäre bei jedem Abspielen schlechter geworden, wodurch die Anschaffung weiterer Effekte vonnöten gewesen wäre.
Damit ist Quest for Gold möglicherweise ein Song, der einen hohen Qualitätsmaßstab in den frühen 90er Jahren gesetzt hätte. 2008 erkennt man als Musikliebhaber jedoch nach wie Unterschiede, die von Laien beim derzeitigen Stand der digitalen Technik nicht beseitigt werden können.
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