Komposition, Arrangement, Aufnahme und Endmix des Musikstückes „Salvation“ der Band „Anudu“
Am 21.4.2004 traf ich mich mit Herrn Adrian Neagu, um mit ihm die Idee zu besprechen, ein Lied der Band „Anudu“, in der ich selber Gitarre spiele, durch sein Klavierspiel zu ergänzen. Zur Anwendung sollten dabei vor allem computergestützte Aufnahme- und Endmixverfahren kommen, sowie im Vorfeld ein adäquates Arrangement des bereits theoretisch existierenden Songs Salvation.
Dieser Text soll den Verlauf dieses Projektes und die Entstehung des Musikstückes beschreiben.
1. Das Lied „Salvation“
Das Lied Salvation wurde von mir selbst zwischen Oktober und Dezember 2003 komponiert und stellt eine typische Hard-Rock / Heavy Metal Ballade dar. Salvation, übrigens das englische Wort für „Erlösung“, war der erste Song, den ich hauptsächlich für das Piano geschrieben habe. Die Melodie soll die schwerlastige Melancholie der zum Lied gehörenden englischen Lyriken untermauern, die ebenfalls von mir verfasst wurden. Das Thema ist eine poetisch durchwachsene Erinnerung des Protagonisten an bessere Zeiten und seine Bürde, mit den Erinnerungen daran in einer dunkleren Periode zu leben. Der Refrain jedoch soll Mut und Aufbruchstimmung suggerieren. Nachfolgend der Text:
Strophe 1:
Memories of a different life
Fill my heart with pain
Feels like dying, feels like bleeding
But no one sees my blood
All the tears I've cried in an endless fight
They keep raining down on me
Cannot see no ray of light
And I'm 'bout to give up
Bridge 1:
So I wave goodbye
It bears a bitter cry
Down on my knees
I will pray for the fallen tears
Refrain:
Can't you see the horizon?
A virgin sky touches the mountain
Leave this lake full of tears
And with it your mourn, grief and fears
Raise your eyes for tomorrow
Go and forget all your sorrow
Trust me and give me your hand
And we'll walk into the promised land
Strophe 2:
But don't forget your past, keep it in your mind
Save and treasure it inside
Without pain and suffering
There's no joy and no luck
Another time will come, another dreadful fight,
But your war is not yet lost!
The future lies ahead so bright
So go and grab it! Leave the night!
Bridge 2:
And here fades the rain
I feel my heart again
Maybe life goes on
And maybe soon... it will be like once.
Hier nun noch der Ablaufplan des Songs:
• Intro (Piano)
• Strophe 1 (Piano, Gesang)
• Bridge 1 (Piano, Gesang)
• Intro (Piano, Schlagzeug, Bass)
• Refrain (Piano, Schlagzeug, Bass, Gesang)
• Strophe 2 (Piano, Schlagzeug, Bass, Gesang)
• Bridge 2 (Piano, Schlagzeug, Bass, Gesang)
• Intro (Piano, Schlagzeug, Bass, Gesang)
• Refrain (Piano, Schlagzeug, Bass, Gitarre, Gesang)
• Solo (Piano, Schlagzeug, Bass, Gitarre, Sologitarre)
• Refrain bis Fade (alle + Background Gesang)
2. Das Arrangement von „Salvation“
Dieser Song wurde mehrere Monate innerhalb der regulären Bandproben von Anudu gespielt und in den gröbsten Zügen arrangiert. Den Beginn macht das Piano mit dem Thema des Songs. Dann kommt der Gesang hinzu und nach der ersten Bridge das Schlagzeug und der Bass. Zum zweiten Refrain steigen stark verzerrte E-Gitarren ein. Ein relativ langes Solo wird dann von einer weiteren E-Gitarre gespielt. Danach wird der Refrain nur noch wiederholt und vokal leicht variiert, bis das Lied nach insgesamt 7 Minuten und 53 Sekunden ausblendet.
Insgesamt wurden als 6 Musiker + Background Gesang benötigt:
• Piano
• Schlagzeug
• Bass
• E-Gitarre 1
• E-Gitarre 2 (Solo)
• Gesang
• Background Gesang für Outro
3. Die Aufnahme von „Salvation“
Am 26.5.2004 traf ich mich nochmal mit Herrn Adrian Neagu, der, als begnadeter Pianist, nicht nur dem Projekt beistehen, sondern auch das Klavier übernehmen sollte. Martin Ahman, seines Zeichens Musikproduzent von Techno und Dancefloor Stücken, stieß zum Treffen hinzu, um mit seinem Know-How und der technischen Umsetzung auszuhelfen. An diesem Tag wurden von uns die Aufnahmestätten und die in Frage kommenden Hilfsmittel diskutiert. Die erste Station sollte Adrian Neagus persönliche Wohnung in Köln sein.
Am 13.6. kamen wir dort zusammen, um die technischen Grundlagen für die Aufnahme zu schaffen. Da wir uns dafür entschieden hatten, das Piano aufgrund größerer nachträglicher Freiheiten per MIDI aufzunehmen, mußte das dort vorhandene Keyboard mit dem PC verbunden werden, was sich leider in diesem speziellen Fall als etwas problematisch herausstellte. Die lange Zeit der Softwareinstallation und Fehlerfindung nutzten wir aus, um den genauen Ablauf des Liedes nochmal zu erörtern und vor allem schriftlich zu fixieren.
Hier wurde auch entschieden, daß ich, um den anderen eine Vorstellung über den Klang des Liedes geben zu können, alsbald eine Aufnahme von der Bandprobe zur Verfügung stellen sollte.
Grobaufnahme
Da dies terminlich leider nicht in Frage kam, war ich gezwungen, am 14.6. im Alleingang eine Grobaufnahme zu erstellen, indem ich alle Instrumente nacheinander selbst spielte und aufnahm. Zu diesem Zwecke benutzte ich ein Fame C010 Kondensatormikrofon, angeschlossen an ein Behringer MX802A Mischpult, das seinerseits mit einem Computer verbunden war, in dem eine Terratec EWS 88 MT steckt. Dieses Equipment gehört zu dem Tonstudio bei mir zu Hause, welches ich privat betreibe.
Die Software, die auf dem Rechner zur Aufnahme bestimmt ist, war zu dem Zeitpunkt Samplitude Version 6.x von Magix.
Nachdem ich das Mikrofon in einem angemessenen Abstand zum Keyboardverstärker untergebracht hatte, mischte ich den Klang auf dem Mischpult nach eigener Präferenz ab. Danach startete ich die Aufnahme und spielte das Lied komplett auf Piano durch. Hierbei möchte ich betonen, daß das Endergebnis lediglich eine grobe Demoversion sein sollte, sonst hätte ich in jedem Fall zuerst mit dem Takt des Liedes beginnen müssen.
Nachdem die Pianospur auf der Festplatte im WAV Format, 16 Bit, 44,1 kHz, Mono, abgelegt wurde, ließ ich die Aufnahme abspielen, während ich gleichzeitig das Schlagzeug spielte und aufnahm. Hierzu schloß ich zwei weitere Kondensatormikrofone des oben genannten Herstellers an das Mischpult an und stellte eins in die Nähe der Snare, eins in die Nähe der Toms und eins legte ich in die Basedrum.
Auch hier sei angemerkt, daß für eine defizile Schlagzeugaufnahme normalerweise mehr Mikrofone benutzt werden sollten. Außerdem sollten nicht alle Mikros in einem Mischpult zusammengemixt werden, da die Postproduktion dann später keine differenzierten Modifikationen vornehmen kann. Aber für die Demoaufnahme sollte es ausreichen.
Wäre dies keine Demoversion gewesen, so hätte ich nun den Bass einspielen müssen. Aber in Ermangelung eines entsprechenden Instrumentes und der Aufgabe, nur eine ganz grobe Version abzuliefern, verzichtete ich darauf.
Stattdessen spielte ich die Rhythmus E-Gitarre und die Solo E-Gitarre nach bekanntem Schema ein.
Die Samplitude Software kann die verschiedenen entstandenen WAV Dateien quasi übereinanderlegen und gleichzeitig abspielen. Somit entsteht der Eindruck, als würde eine komplette Band spielen, wenn man die Wiedergabe startet.
Als letztes folgte der Gesang, welcher mir besondere Schwierigkeiten bereitete, nicht nur, weil ich kein ausgebildeter Sänger bin, sondern auch, weil er anfangs innerhalb der anderen Instrumente unterzugehen schien. Da mir aber bekannt war, daß ich dieses Problem in der Postproduktion lösen konnte, war die Aufnahme der groben Demoversion damit abgeschlossen.
Das komplette Projekt speicherte ich dann und verschob es per Hausnetzwerk auf meinen Hauptrechner, an dem zwar keine Refernzboxen angeschlossen sind, dafür aber eine Anlage, deren Wiedergabefähigkeiten ich zu Genüge kenne. Hier nahm ich dann einen ganz groben Endmix vor, der eigentlich hauptsächlich darin bestand, die verschiedenen Lautstärken gegeneinander abzugleichen. Danach startete ich eine von der Software Samplitude als Trackbounce bezeichnete Funktion, die die verschiedenen WAV Dateien zu einer einzigen Stereospur konvertiert. Das Endresultat konnte ich dann mit einer entsprechenden weiteren Software in das sehr viel schlankere, aber verlustbehafte Format MP3 überführen und Herrn Ahman per E-Mail zukommen lassen.
MIDI Grundversion
Anhand dieser Demoversion war Martin Ahman nun fähig, in dem Programm Cubase eine Trommel und Bassspur zu „sequenzen“, also per Maus die entsprechenden Noten in ein dafür vorgesehenes Feld zu verschieben. Das Ergebnis ist eine MIDI Datei, die nur sehr wenig Speicherplatz in Anspruch nimmt. Mit den entsprechenden VST Instrumenten, also Plugins für Cubase, hören sich die MIDI Noten, die de facto nicht mehr enthalten als einige Parameter für Lautstärke, Anschlaglänge, etc. beeindruckend echt an. Einzelne Passagen des Songs konnten auf diese Weise völlig problemlos dupliziert und das komplette Lied in einer Art Baukastenprinzip zusammengesetzt werden.
An dieser Stelle hatten wir also ein komplettes Gerüst von „Salvation“, bestehend aus einem Schlagzeug und einem Bass, im MIDI Format.
Das Piano
Am 20.6.2004 trafen wir uns somit nochmal im Hause Neagu, um mit dem inzwischen funktionierendem System die Pianospur hinzuzufügen. An dieser Stelle möchte ich mir erlauben, meinen Tagebucheintrag dieses Tages zu zitieren: ''Heute hat Herr Adrian Neagu das Piano für Salvation eingespielt. Schon bei wenigen Tönen hört man, daß man es hier mit einem musikalischen Profi zu tun hat. Eine dermaßene Perfektion, eine derartige Leichtigkeit und soviel Verspieltheit bei gleichzeitiger Melancholie, das ist wirklich in Worten kaum aufzuwiegen. Während der Aufnahme habe ich mich oftmals gefragt, ob hier tatsächlich eins meiner Lieder gespielt wird.''
Wie zu erkennen ist, habe ich lediglich die Grundtöne des Liedes vorgegeben, der Rest wurde vom Musiker improvisiert und mit der so wichtigen persönlichen Note vervollständigt. Nach kurzer Zeit war die Aufnahme mehr als zufriedenstellend im Computer gebannt und Herr Martin Ahman konnte mir eine in MP3 konvertierte Kopie des Liedes zukommen lassen.
Das Schlagzeug
Mit dieser Kopie konnte ich dann erneut in mein eigenes Studio gehen und, analog zum oben beschriebenen Prozess, die echten Trommeln, gespielt vom Bandschlagzeuger Daniel Büttner, aufnehmen. In Ermangelung einer professionellen Lösung, mußten wir hier ein wenig tricksen: da wir zwei Mischpulte zur Verfügung hatten, die aber beide die Spuren nicht jeweils einzeln ausgeben konnten, sondern nur einen Master-Tape Out hatten, haben wir uns dafür entschieden, nur zwei Trommelspuren im Rechner simultan aufzunehmen: die Basedrum auf die eine und der Rest des Schlagzeugs auf die andere. Das ermöglichte zumindest im kleinen Rahmen ein differenziertes Abmischen der Audiodaten.
Während der Schlagzeuger via Kopfhörer die bisherige Aufnahme hören konnte, trommelte er das Lied im Takt der MIDI Trommel und wurde dabei aufgezeichnet. Nach einigen Fehlversuchen, die aufgrund fehlender Synchronität auftraten, war die Aufnahme nach unserem Empfinden her zufriedenstellend.
Der Bass
Mit einer weiteren Nur-Piano-MIDI Version des Songs ohne Schlagzeug und Bass, gemischt mit den zuvor aufgenommenen Trommeln, konnte der Bassist Daniel Gambal seinen Teil zum Lied beisteuern. Damit das Lied vom Rhythmus her nicht zu steif klingt, ist es wichtig, daß sich der Bassist bei seinem Spiel vor allem an der Basedrum orientiert, die wir aufgrund unseres Aufnahmeverfahrens besonders deutlich während der Bassaufnahme hervorheben konnten. Diese Aufnahme erwies sich als sehr unkompliziert und wurde übrigens nicht mit einem Mikrofon aufgezeichnet, sondern direkt über den Line Out Ausgang des Bassverstärkers in das Mischpult gespeist. Das hat hier den Vorteil, daß auf dem Line Out Ausgang des Bassverstärkers ein marginaler Kompressor zu finden ist und man dem Bass somit mehr Druck, mehr Präsenz verleihen kann, ohne daß besonders betonte Stellen so leicht übersteuern können.
Die Rhythmus Gitarren
Die Rhythmus Gitarre wurde von mir selbst Anfang Juli 2004 eingespielt und startet (s.o.) erst im Refrain vor dem Solo. Danach begleitet sie das Solo und wiederholt dann bis zum Ende den Refrain. Spielerisch wurden lediglich sogenannte Powerchords angewandt, die allesamt weder Dur noch Moll sind. Zusammen mit einem hohen Gain und Distortion ergibt sich der klassische Heavy Metal / Hard-Rock Sound, der für dieses Lied gewünscht war. Entgegen der Vorgehensweise bei üblichen Metal Songs wurden hier die Saiten der Gitarre auch nie gedämpft, um den Balladencharakter zu untermauern.
Die Aufnahme der Gitarre wurde dann noch zweimal wiederholt, um das Endergebnis voller klingen zu lassen. Leider stellte Herr Ahman einige Tage später fest, daß viele Sequenzen übersteuert waren, da eine Einstellung am Mischpult scheinbar fehlerhaft war. Daher mußten die Aufnahmen zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden, diesmal dann mit restriktiveren Aufnahmemethoden.
Am 24.8.2004 standen dann 4 komplette Gitarrenspuren zur Verfügung, die beim Endmix entweder zusammen benutzt oder nach Qualität hätten selektiert werden können. Zusätzlich der Bass und das Schlagzeug.
Sologitarre
Am 30.8.2004 hatte ich dann das besondere Vergnügen, den Gitarristen Martin Engelhardt bei mir im Studio begrüßen zu dürfen, nicht nur ein alter Bekannter, sondern auch ein begnadeter Jazz Gitarrist, der aber seine persönlichen Präferenzen nach wie vor in der Rockmusik sieht. Ihm zeigte ich den Song in seiner bisherigen Fassung und machte ihm, bis auf den Einsatz und das Ende, keine besonderen Vorschriften zum Stil oder gar zu Noten. Nach ein oder zwei Versuchen war er bereit, die Aufnahme zu starten. Wie weiter oben erwähnt ist das Solo ziemlich lang, nämlich gut 2 Minuten. Nachdem die Aufnahme auf der Festplatte vorlag, spielte er noch ein alternatives Solo ein und war damit dann sehr schnell fertig.
Noch eine Rhythmusgitarre
Am 21.9.2004 fuhr ich mit meiner Gitarre nach Bergneustadt, um dort bei Martin Ahman noch eine zusätzliche Gitarrenspur aufzunehmen, diesmal aber clean, also völlig ohne Effekte, da diese eventuell später hinzugefügt und modifiziert werden würden. Somit erweiterten wir unseren klanglichen Spielraum, was den Sound der Gitarren anging.
Zu diesem Zeitpunkt lag dann der komplette Song instrumental vor, zusätzlich mit etwas Spielraum bei den Gitarrenparts. Zwei sehr gute Gastmusiker hatten bis zu diesem Zeitpunkt mitgewirkt und wir konnten uns auf die Aufnahme des Gesangs konzentrieren. Bevor der Gesang aufgenommen werden konnte, wurde ein grober Mix vorgenommen, darauf möchte ich aber erst im nächsten Kapitel „Endabmischung“ eingehen.
Gesang
Am 20.10.2004 fuhr ich mit Sänger Patrick Perkuhn in ein Tonstudio nach Wiehl, wo wir von Martin Ahman und einem weiteren Tontechniker erwartet wurden. Die Gegebenheiten, die wir dort vorfanden, waren besonders gut, da der Sänger räumlich getrennt von den Leuten an den Pegeln war. Ein Luxus, der in meinem eigenen Studio leider nicht zur Verfügung steht. Ein sehr gutes Kondensatormikrofon sorgte für den guten Klang und nach einiger Zeit und einigen Versuchen stand die Gesangspur zufriedenstellend. Sicherheitshalber wurde auch hier eine zweite und dritte Spur aufgenommen, um eventuelle Fehler, die erst bei der Postproduktion auffallen, umgehen zu können.
Background Gesang
Der Background Gesang kommt im Refrain und besonders am Ende zum Einsatz, wenn der Refrain immer wieder wiederholt wird, bis das Lied ausblendet. Da wir zu diesem Zeitpunkt bereits im Studio in Wiehl waren, entschieden wir uns dafür, bis spät abends noch den Background Gesang direkt mitaufzunehmen. Hier übernahm der zweite Tontechniker neben Herrn Ahman, außerdem er selber und auch ich, wobei ich den Background Gesang auch immer während Live Auftritten verwirkliche. Wie üblich wurden auch hier mehrere Versionen angelegt.
Jetzt endlich, nach ziemlich genau 5 Monaten, war das komplette Lied aufgenommen. Jede Tonspur lag separat auf der Festplatte und war bereit, mit den anderen Tonspuren zusammengemixt zu werden, um das fertige Lied zu ergeben. Was folgte, war der Endmix.
4. Der Endmix von „Salvation“
Alle vorgenommenen Aufnahmen hatten gemeinsam, daß sie in akustisch möglichst trockenen Umgebungen aufgenommen wurden. Eventuelle charakterliche Effekte wie zum Beispiel Hall oder Echo können nämlich ohne großen Aufwand später von der Software hinzugefügt werden. Effekte, die auf der Aufnahme allerdings bereits existieren, können naturgemäß später nicht mehr geändert oder entfernt werden. Auch wenn die Pegel also nun stimmen würden, würde die Aufnahme nicht gut klingen. Zu trocken und zu charakterlos.
Es gibt viele verschiedene Arten, um mit einem Endmix zu beginnen. Wichtig ist allerdings immer, daß man zuerst die richtige Umgebung schafft. Optimal wäre es, wenn einem zum Mischen optimale Boxen zur Verfügung stehen würden, die alle Frequenzen ohne individuelle Einfärbung wiedergeben können. Diese sind aber leider so teuer, daß ich darauf nicht zurückgreifen konnte. Stattdessen entschied ich mich dafür, meine herkömmliche Anlage als Referenz zu nutzen, da mein Gehör an diese Lautsprecher und diesen Verstärker bei eben diesen EQ Einstellungen gewöhnt ist.
Diese Methode ist aber mit Vorsicht zu geniessen, da es unter Umständen vorkommen kann, daß Geräusche oder Frequenzen, die auf meiner Anlage unhörbar sind, auf anderen Anlagen zum Vorschein treten.
Schlagzeug
Meine persönliche Präferenz ist es, zuerst die Trommelspuren vom Pegel her aufeinander abzustimmen, damit also die Lautstärke stimmt und nicht ein Teil zu laut oder zu leise ist. Dann stelle ich normalerweise auch die Panorama Funktion ein, um die verschiedenen Trommeln ein wenig auf die beiden Stereospuren zu verteilen. Dies ist aber diesem Fall nicht sehr sinnvoll, weil, wie oben angemerkt, das Schlagzeug nur zwei Spuren besitzt: Basedrum und Rest. Daher wurde bei Salvation beides im Center gelassen.
Nun stelle ich die Equalizer der beiden Trommelspuren nach persönlicher Vorliebe ein. Bei der Trommel gebe ich normalerweise etwas Höhen und Tiefen hinzu, um ihr mehr Präsenz und Ausdruckskraft zu verleihen.
Danach muß die Trommel mit Effekten versehen werden. Hier füge ich zuerst einen Kompressor hinzu, um zu hohe Frequenzen einfach abzuschneiden und so den Gesamtpegel der Spur noch ein wenig höher ziehen zu können. Das verleiht der Trommel mehr Präsenz. Eventuell spiele ich dann auch noch mit anderen Einstellungen und sogenannten multiplen Banddynamiken, ob diese aber einen positiven oder eher destruktiven Effekt haben, kommt immer auf die jeweilige Aufnahme an, da auch schon Einstellungen am aufnehmenden Mischpult andere Charakteristika verleihen können.
Als letztes für das Schlagzeug füge ich Hall (Reverb) hinzu, weil dies im Rahmen einer Ballade üblicherweise sehr gut passt. Dadurch erhält der Klang eine Räumlichkeit. Mit den entsprechenden Programmerweiterungen kann man exakt einen Raum nach Wahl simulieren, in dem das Schlagzeug „ohrenscheinlich“ aufgenommen worden ist. Der von mir in diesem Beispiel gewählte Hall wird wohl einer kleinen Kapelle entsprochen haben - mit den entsprechenden Schallreflektionen.
Bass
Bei diesen Mischeinstellungen für das Schlagzeug sind alle anderen Instrumente und auch der Gesang natürlich gemutet, also stummgeschaltet. Nun schalte ich auch das Schlagzeug stumm und stattdessen den Bass ein.
Auch dieser bekommt nach einem Kompressor einen angemessenen Pegel. Im Equalizer nehme ich ein wenig die Höhen raus, was man bei dieser Art von Bassspiel ruhig tun kann. Bei einem sogenannten Slapping Bass wäre diese Einstellung zum Beispiel verfälschend, da sie viele Höhen enthält und ich würde davon abraten. Da in Salvation aber nur ein relativ „normaler“ Bass gespielt wurde, kann man hiermit nicht viel falsch machen. Der Bass soll also bewußt nur die unteren Frequenzen bedienen. Dazu ist er da und so soll er sich auch innerhalb der Aufnahme manifestieren.
Wenn ich mit dem Bass zufrieden bin, dann schalte ich das Schlagzeug hinzu und passe eventuell die Pegel der beiden Instrumente aufeinander ab. Bass und Schlagzeug bilden den Rhythmus eines Liedes und deshalb nehme ich mir an dieser Stelle normalerweise die Zeit, das Lied komplett anzuhören. Vielleicht fallen mir hier bereits einige Unstimmigkeiten auf, die ich dann bereinigen kann.
Klavier
Nun stelle ich beide Spuren wieder stumm und höre mir das Klavier an. Da dies keine Audioaufnahme ist, sondern ein MIDI Export zu WAV, sind kaum Einstellungen vorzunehmen. Ein wenig Hall wäre denkbar, aber war in diesem speziellen Fall nicht nötig. Beim Abspielen schalte ich wieder Bass und Schlagzeug hinzu und stimme die drei Pegel aufeinander ab. Und dann höre ich wieder, ob mir das Ergebnis zusagt oder ob Feineinstellungen nötig sind.
Man merkt, daß Abmischung eine sehr zeitaufwendige Aufgabe ist, da man nach jeder Änderung immer wieder genau hören muß, ob sie der Sache dienlich war oder nicht. Dabei habe ich selber vor allem das Problem, daß meine Konzentration und damit meine Aufmerksamkeit nach einiger Zeit zu leiden beginnt. Wenn dieser Effekt auftritt, sollte man eventuell weitere Arbeit auf den nächsten Tag verschieben. Dies nur nebenbei.
Rhythmusgitarren
Nun werden die Gitarrenspuren gemischt, indem man alles andere erst wieder stummschaltet und dann die Pegel richtig einstellt. Bei verzerrten Gitarren ist ein Kompressor überflüssig, da ein gewisser Pegel nie überschritten wird. Sollte man es für nötig erachten, kann man hier auch noch Hall hinzufügen, allerdings ist dies eigentlich etwas, was der jeweilige Gitarrist schon mit seinem Effektgerät getan haben sollte.
Im Equalizer ist es nun relativ wichtig, der E-Gitarre ein wenig die Tiefen herauszunehmen, damit sie nicht dem Bass die Frequenzen klaut und umgekehrt. Das ist auch der Grund, wieso beim Bass die Höhen und die Mitten ein wenig gedämpft wurden, um einer Überlagerung vorzubeugen.
Wenn man jetzt alles zusammen abspielen lässt, dann hört man bereits die komplette Instrumentalversion des Songs und kann sich nun ungefähr schon eine Vorstellung vom Endprodukt machen.
Sologitarre
Die Sologitarre ist das letzte Instrument, was dem Werk hinzugefügt werden muß. Hier kann ein Kompressor sinnvoll sein, ist aber selten wirklich nötig. Einige Höhen tun einer Sologitarre in den meisten Fällen gut, sowie etwas Reverb, sofern nicht schon bei der Aufnahme so eingestellt. Da Höhen immer besser hörbar sind, wird ein Solo in den meisten Fällen gegenüber dem Aufnahmepegel etwas in der Lautstärke reduziert, damit es mit den anderen Instrumenten harmonieren kann. Das natürlich ist auch letztendlich bei jedem Song und jeder Aufnahme unterschiedlich; diese Regel gilt eigentlich für den gesamten Mischprozess: er ist immer subjektiv und jedem Menschen würde letztlich wahrscheinlich etwas anderes besser gefallen.
Gesang
Wie auch bei der Reihenfolge beim Aufnehmen, kommt jetzt - beim Endmix - der Gesang an die Reihe, was übrigens nach meiner Erfahrung der schwerste Teil ist. Zuerst benötigt die Stimme einen Kompressor und Hall. Von letzterem nicht zu wenig (aber natürlich auch nicht zuviel!).
Bei Rockmusik ist es im Allgemeinen üblich, die Lautstärke der Instrumente ungefähr auf 75% zu pegeln, wenn die Stimme bei 100% definiert ist. Aber auch hier kommt es natürlich auf das vorliegende Material, auf die Musikart und auf die eigenen Vorlieben an.
Man sollte inhaltlich unterschiedliche Stellen, wie Strophe, Bridge und Refrain auch unterschiedlich abmischen. Vor allem dann, wenn der Refrain zum Beispiel lauter (oder höher) gesungen wird als die Strophe.
An einigen Stellen kann sich auch ein Echoeffekt gut machen, aber solche Spielereien sind mit Vorsicht zu geniessen: was einem im ersten Moment gut gefällt, kann einem am nächsten Tag schon furchtbar vorkommen. Daher lohnen sich, nebenbei bemerkt, immer Backups oder andere Möglichkeiten, den Urzustand wieder herbeizuführen.
Backgroundgesang
Beim Backgroundgesang wird ganz analog zum normalen Gesang vorgegangen, nur sollten die Pegel deutlich tiefer liegen und etwas mehr Reverb ist meistens auch eine gute Idee.
Endmix
Ist man nun mit allen Instrumenten und Gesangspuren im Einzelnen zufrieden, dann sollte man sich das komplette Lied anhören und seine Aufmerksamkeit jeweils einer Spur schenken. Ist die Spur ständig hörbar? Wird sie nicht zu laut? Ist sie zu dumpf? Zu grell? Übertönt sie die anderen? Dies sind Fragen, die man sich kontinuierlich fragen muß. Kommen sich zwei Instrumente in die Quere, so trennt man sich mit den EQ Einstellungen voneinander. Dasselbe gilt beim Gesang. Dieser ist normalerweise das, was bei einem Lied am deutlichsten in Erscheinung tritt. Hier ist wichtig, daß er nicht zu laut aber auch auf keinen Fall zu leise ist.
Zuletzt stellt man die Master für EQ und Pegel ein, um so schlußendlich den letzten Schliff zu verleihen. Hierbei kann es auch nicht schaden, mal in ein kommerzielles Lied reinzuhören, das von Profis auf Profiequipment abgemischt wurde, um das eigene Werk nicht zu außergewöhnlich klingen zu lassen. Zum Beispiel würde es beim Hörer nur unangenehm auffallen, wenn der Song zu leise oder zu laut ist. Eventuell sollte man darüber nachdenken, in dem Falle den kompletten Track zu normalisieren.
Ist man mit dem Endergebnis soweit zufrieden, dann sollte man das Projekt exportieren (Trackbounce) und mindestens einige Stunden die Finger (und vor allem die Ohren) von dem Lied lassen. Dann, wenn es einem nicht mehr ständig so vorkommt, als würde man es noch im Ohr klingen hören, kann man sich die Aufnahme nochmal anhören und wird höchstwahrscheinlich einige Aspekte feststellen, die noch suboptimal erscheinen. Diese gilt es dann zu finden und zu verbessern.
Damit nicht genug. Man sollte die Aufnahme nun auch noch auf einer anderen Anlage hören. Dabei ist eine qualitativ hochwertige !HiFi Einrichtung nicht unbedingt auch besser, auch auf einer schlechten Anlage oder schlechten Kopfhörern kann einem schnell etwas auffallen, was sich später als unzumutbar herausstellen könnte. Schließlich soll das Endprodukt auf jedem Abspielgerät gut klingen.
Es kann auch nichts schaden, einen anderen unvoreingenommenen Menschen probehören zu lassen. Allerdings muß man damit rechnen, zum Teil vernichtende Urteile zu hören.
Wie dem auch sei, letztlich zählt, daß man selber zufrieden ist (sofern man keinen Auftragsgeber glücklich zu stimmen hat).
5. Persönlicher Kommentar / Schlußwort
Ob man jemals zu 100% mit einem akustischen Werk zufrieden sein kann, bezweifel ich persönlich. Für zuviele Variablen mußte man im Laufe des Entstehungsprozess Werte festlegen, zu oft muß man Kompromisse eingehen. Das beginnt bei der ersten Textzeile oder dem ersten Ton den man schreibt und endet bei der letzten EQ Mastereinstellung.
Im Falle von Salvation bin ich mit dem groben Lied zufrieden. Das Solo klingt meiner Ansicht nach nicht so gut wie es sollte, weil ziemlich viele Instrumente dem Solo den Rang ablaufen. Dies war auch bis heute nicht ohne Probleme lösbar.
Der Gesang, immer der Teil eines Liedes, vor dem ich großen Respekt habe, ist hier sehr viel besser geworden als bei den meisten anderen Liedern, die ich bisher aufgenommen habe. Leider bin ich selber derzeit nur im Besitz einer Version, die aufgrund eines Flüchtigkeitsfehler den Gesang lediglich im rechten Kanal hat. Dieser Fehler ist zwar banal zu beheben, deutet aber an, wieviel im Laufe einer solchen Produktion schief laufen kann.
Durch Rückmeldungen der Hörer der Band Anudu und deren Fans weiß ich aber, daß dieses Lied sehr beliebt ist. Dies liegt sicher am Lied selber, aber zu großen Teilen natürlich auch an der Aufnahme, die sich stark von den anderen Werken der Band unterscheidet. Dies nicht nur wegen den beiden hervorragenden Gastmusikern, sondern eben auch wegen der Heterogenität der beteiligten Studios.
Was auf jeden Fall bleibt ist eine eindrucksvolle Erfahrung und ein Lied, das mir immer helfen wird, mich an die Produktionszeit zu erinnern. An die guten Dinge, aber auch an die Fehler, auf daß sie beim nächsten Mal nicht mehr auftreten werden.
Marco Nassenstein M.Sc.
März 2005
Anudu im Internet:
https://anudu.n7.eu
Adrian Neagu:
http://www.the-pianist.de
Martin Ahman:
http://www.4nation.de
Marco Nassenstein
https://n7.eu